Der Schatz der Gefühle – oder: Wie schreibt man einen Krimi?

Wut, Trauer, Liebe, Neid – nicht jedes dieser Gefühle ist angenehm. Monika Mansour konserviert sie trotzdem alle und pflegt sie wie einen Schatz.

 

Weshalb sind gewisse Autoren so gut darin, den Leser in eine andere Welt zu entführen und diese Welt realistisch erscheinen zu lassen, auch wenn sie nie dort waren? Weil sie das Talent besitzen, die Menschen zu verstehen, ihre Bedürfnisse, ihre Ängste, ihre Gefühle. Und sie können es deshalb, weil sie ihren persönlichen Schatz an Gefühlen teilen! Diesen Schatz nenne ich Lebenserfahrung, und um den zu finden, muss man nicht fünfzig werden. Den trägt jeder mit sich. Wer war schon einmal wütend? Traurig? Verliebt? Hatte Schmerzen? Wir kennen das alle. Und aus diesem Schatz an Gefühlen können wir schöpfen. Also tun wir es. Wie? Das werde ich anhand von meinem Leben zeigen. Na ja, anhand von Fragmenten aus meinem Leben.

“Diesen Schatz nenne ich Lebenserfahrung, und um den zu finden, muss man nicht fünfzig werden. Den trägt jeder mit sich.”

Hier kommt auch schon die erste Aufgabe für jeden angehenden Autor: Ich empfehle, einen Ordner mit einem Register A–Z anzulegen und einen Stapel leerer Blätter bereitzuhalten.

Beginnen wir bei A wie Angst. Ich suche nach einer Situation in meinem Leben, in der ich grosse Angst empfunden habe. Diese kurze Szene schreibe ich nieder. Vielleicht finde ich in einer alten Schuhschachtel auch noch ein Foto dieser Situation, das frischt die Erinnerung auf. Bitte nicht versuchen, in Worte zu fassen, wie man sich fühlte, sondern einfach das Erlebnis so niederschreiben, wie es war oder als Erinnerung im Kopf hängen geblieben ist. Keimt da nicht gleich wieder das Gefühl der Angst in einem auf?

“Will ich eine Szene schreiben, in der mein Held Angst verspürt, lese ich mir meine eigene kurze Geschichte vor und schon ist es da, das echte Gefühl der Angst.”

Diesen Ordner, meinen Schatz der Gefühle, halte ich immer griffbereit. Will ich eine Szene schreiben, in der mein Held Angst verspürt, lese ich mir meine eigene kurze Geschichte vor und schon ist es da, das echte Gefühl der Angst, und überträgt sich automatisch auf meine Figur. Es funktioniert. Denn wer ehrlich schreibt, schreibt besser.

Hier kommt also ein Beispiel aus meiner eigenen kleinen Gefühls-Biografie.

Neid

Neid fühlte ich zum ersten Mal im Kindergarten. Wir wollten ein Theater aufführen. Eines der Mädchen durfte die Prinzessin spielen. Ich wollte auch die Prinzessin spielen. Aber nein, mir wurde die Statistenrolle als Butterblume zugeteilt. Statt mit rosafarbenem Prachtkleid und Krone auf dem Kopf stand ich stramm in grünen Strumpfhosen im Hintergrund. Ich hätte die Prinzessin umbringen können…

Text: Monika Mansour

 

In ihrem Schreibratgeber “Businessplan: Mord” plaudert die erfolgreiche Luzerner Krimi-Autorin Monika Mansour aus dem Nähkästchen. Sie erzählt von ihrem Weg von der Hobby-Schreiberin zur Autorin, gibt wertvolle Tipps von der Selbstorganisation über die Verlagssuche bis hin zu Fragen, wie man einem Text den letzten Schliff gibt und welche Rhetorik- Fallen man unbedingt vermeiden sollte.

Beim oben veröffentlichten Text handelt es sich um einen Auszug aus Kapitel #2 von “Businessplan: Mord – Erfolgreich einen Krimi schreiben” aus dem Arisverlag. Kernthema dieses Kapitels: Wie ich zur Schreibtischmörderin wurde. 

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Monika Mansour, Businessplan Mord

Monika Mansour

Businessplan Mord

2017
Arisverlag 

«Was ich kann, können auch andere», dachte sich Monika Mansour. Mit ihrem Buch «Businessplan: Mord» lässt sie die Leserschaft einerseits am Leben und Alltag einer Krimiautorin teilhaben, andererseits gibt sie wertvolle Tipps, Anregungen, aber auch Mut, das eigene Buchprojekt umzusetzen. Ein Buch, das Monika Mansour damals nach den ersten Absagen auch gerne gelesen hätte.
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www.monika-mansour.com

Alle bisher erschienenen Schreibtipps von Monika Mansour